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Wir leben in einer andauernden Krisensituation: Klimakrise, Corona-Pandemie, der Angriff Russlands auf die Ukraine, die Inflation und der erneut aufgeflammte Krieg im Nahen Osten. Dieser dauerhafte Krisenzustand löst bei vielen Menschen ein Ohnmachtsgefühl aus – und darüber hinaus verschärft er die soziale Ungleichheit, was zu Abstiegs- und Verlustängsten führt. Verantwortungsvolle Politik sollte sicher daher schleunigst um nachhaltige Lösungen und verantwortungsvolle Kommunikation bemühen, doch stattdessen rückt die Politik in Deutschland immer weiter nach rechts – und sucht einfache Lösungen für komplexe Fragen. Die Correctiv-Recherchen Anfang des Jahres haben gezeigt, was eigentlich bereits bekannt war: Nazis planen Nazi-Politik. Im Anschluss sind in ganz Deutschland extrem viele Menschen auf die Straße gegangen, um für die Demokratie, für den Schutz unseres Rechtsstaates und gegen Rechtsextremismus zu demonstrieren. Diese Demos sind extrem wichtig – und es ist vor allem gut, wenn Menschen auf die Straße gegangen sind, die sonst nicht viel mit Politik zu tun haben. Aber uns ist auch klar: die Demos allein reichen nicht!

Soziale Politik auf allen Ebenen

Um den multiplen Krisen zu entkommen und damit diese nicht zu noch größeren Schäden in der Gesellschaft führen, braucht es endlich soziale Politik – im Bund, im Land und in den Kommunen. Die bevorstehenden Kommunalwahlen geschehen nicht im luftleeren Raum. Hier spiegeln sich vor allem die Debatten, die im gesamten Land geführt werden und werden mit politischen Beispielen und Personen vor Ort verknüpft.

Klimakrise auch vor Ort bekämpfen!

Die Klimakrise droht in der aktuellen Krisensituation unterzugehen. Die von ihr ausgehende Bedrohung findet scheinbar immer weniger Aufmerksamkeit und die Mehrheiten für Klimapolitik schwinden. Dabei bedrohen die extremen Folgen die ganze Welt, aber auch ganz konkret Mecklenburg-Vorpommern. Bereits jetzt erleben wir Hitzesommer mit Dürren und Waldbränden, Extremwettereignisse wie Sturmfluten
und Starkregen und der Anstieg des Meeresspiegel bedroht die Küstenregionen existentiell.

Klar ist: In der aktuellen Klimapolitik braucht es vor allem auf
internationaler Ebene Kraftanstrengungen und ein radikales Umdenken. Doch auch die Kommunen haben in Fragen des Klimawandels Gestaltungsspielraum. Die Sanierung des gesamten Gebäudebestands, den Ausbau des ÖPNVs und die Versorgung mit erneuerbaren Energien liegen in kommunaler Verantwortung und zeigen, dass Kommunen sich auf Jahrzehnte der weiteren Erderhitzung vorbereiten sollten. Gleichzeitig darf nicht aus dem Blick geraten, dass die Klimakrise vor allem die soziale Frage verschärfen wird. Diejenigen, die wenig zur Klimakrise beigetragen haben, bekommen die Auswirkung zuerst und am drastischsten zu spüren, und das bereits auf kommunaler Ebene. Die Klimakrise wird zur Verteilungsfrage – das muss von der Politik auf allen Ebenen erkannt und angegangen werden.

Wohnenraum für alle statt Gewinne für wenige!

Klimaanpassung heißt vor Ort auch: klug konstruierter öffentlicher Wohnungsbau. Dieser schließt den Bau der notwendigen Infrastruktur wie Kitas, Schulen und Freizeitangebote ein und verhindert zugleich exzessive Segregation. Denn viel zu oft findet sich bezahlbarer Wohnraum nur noch am Stadtrand, beliebte Viertel können sich viele nicht mehr leisten. Das liegt auch daran, dass die Kommunen in den letzten Jahrzehnten, um Schulden abzubauen, immer mehr Wohnraum verkauft haben. Folgen dieser Privatisierung sind Gewinnmaximierung auf der einen und extreme Mieten auf der anderen Seiten. Damit muss Schluss sein. Wohnraumförderung sollte ausschließlich für gemeinnütziges Wohnen eingesetzt werden, Kommunen sollten ein Vorkaufsrecht bei Grundstücksverkäufen bekommen und es darf keinen weiteren Ausverkauf öffentlicher Immobilien geben. Wohnen ist eine der zentralen politischen Frage in den Kommunen. Die Grundversorgung und nicht die Gewinnmaximierung muss deshalb im Zentrum der Politik stehen.

Mobilität ist ein Grundrecht!

Auch die öffentliche Infrastruktur wird seit Jahrzehnten nicht mehr zur Bereitstellung der Grundversorgung der Menschen ausgestaltet. Insbesondere der Bereich des öffentlichen Nahverkehrs wird schlecht ausfinanziert. Dabei ist es ein guter öffentlicher Nahverkehr der soziale Teilhabe, unabhängig von Geschlecht, Wohnort und Geld, ermöglicht. Gerade für die vielen ländlichen Räume in MV braucht es zuverlässige Busverbindungen zu den Knotenpunkten in den Regionen. Busse und Bahnen müssen barriereärmer werden: Bahnhöfe, Haltestellen, Fuhrpark und mehr müssen auf die Lebensrealitäten aller abgestimmt sein. Im Moment haben wir einen Nahverkehr für die Wenigen. Behinderte, neurodivergente, ältere Menschen müssen in der Planung des ÖPNVs mehr beachtet werden. Zudem ist der Nahverkehr vor allem für männliche Personen ausgestaltet. Nahverkehr ist nicht für FINTA*s geplant. Das muss sich ändern.Wir brauchen einen ÖPNV für die Vielen!

Kommunale Handlungsspielräume nutzen – Bildung verbessern!

Überfüllte Klassen, Lehrmaterial aus dem letzten Jahrhundert, ausgebrannte Lehrkräfte. Die generelle Situation unser Schulen ist schlecht, das wissen wir alle. Die Hauptverantwortung liegt bei den Bundesländern. Warum kümmert sich niemand um die Probleme unserer Schulen? In den kommunalen Vertretungen und Parlamenten werden die Interessen der Schüler*innen weder gut repräsentiert noch vertreten. Die Ausstattung der Schulen ist in kommunaler Hand. Beispielsweise gehören Turnhallen meistens den Kommunen und werden von den Schulen genutzt. Auch die Ausgestaltung einer sinnvollen Integration von Geflüchteten in den Schulen, die dazu beiträgt, dass diese schneller am gesellschaftlichen Leben teilhaben können, ist ein Beispiel für den Handlungsspielraum und die Verantwortung der Kommunen im Bereich Schulbildung. Wir fordern, dass Kommunen ihren eigenen Spielraum für die Ausstattung der Schulen nutzen und somit die Chancengerechtigkeit aller Schüler*innen verbessern!

Ausgrenzung von Migrant*innen stoppen!

Die Versorgung der vielen Geflüchteten ist bundesweit mangelhaft – auch in MV. Sie werden örtlich und gesellschaftlich ausgelagert, was eine Dynamik der Ausgrenzung bestärkt. Die Kommunen sind der Ort der Ausgestaltung von Rahmenbedingungen: Unterkünfte, Versorgung, Bezahlkarten, Bildung, medizinische Versorgung etc. Auch wenn die Migration auf Ebene der EU gelenkt wird, haben die Kommunen Gestaltungsspielraum. Eine kommunale Möglichkeit zur Verbesserung der Bedingungen für Geflüchtete ist der Zugang zur Arbeit. Viele Geflüchtete möchten arbeiten, können dies aber nicht. Neben den aktuellen Verboten sind es auch die kommunalen Behörden, die aus verschiedensten Gründen den Zugang verhindern – das muss sich ändern! Außerdem braucht es eine bessere Anbindung und Ausstattung der Unterkünfte. Grundsätzlich sollte deutlich mehr Wert auf Qualität und die Bedürfnisse der Menschen gelegt werden, d.h. beispielsweise auch, dass dort wo möglich, eine dezentrale Unterbringung statt großer Zentren gewährleistet wird. Es darf nicht sein, dass selbst Mindeststandards nicht erreicht werden!

Gesellschaftlicher Zusammenhalt fängt vor Ort an

Politik geschieht auf vielen Ebenen – und vieles entscheiden eben nicht die Kommunen. Doch Kommunen haben Handlungsspielraum – es wird Zeit, dass sie diesen auch vollends nutzen. Politik für die Menschen wird vor allem vor Ort gemacht. Es darf nicht weiter an der Gestaltung der Zukunft gespart werden. Deshalb brauchen Kommunen eine ausreichende Finanzierung. Ein politisch beschlossener Sparkurs darf nicht den Weg zu einer sozialgerechten Gesellschaft verhindern! Über gesellschaftlichen Zusammenhalt wird auch vor Ort entschieden. Das fängt mit guter Politik in den Kommunen an!

Begründung

Der Antrag wurde zusammen mit den Kreisvorständen in einer Schreibgruppe erarbeitet und stellt unsere Antwort auf die Kommunalwahl dar. Im Anschluss soll auf Grundlage des Antrags ein Argu-Papier für die Kreisverbände erarbeitet werden, was dann in Gesprächen auf der Straße angewendet werden kann.