„Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.“ So steht es in
Artikel 5 Absatz 3 des Grundgesetzes. Es ist daher ein für uns unhaltbarer Zustand, wenn
Rechtsextreme als Lehrer*innen oder Hochschullehrer*innen ihr Gedankengut ungestört
verbreiten können.
An der Universität Greifswald lehrt seit Wintersemester 2021/22 wieder der ehemalige
AfD-Landtagsabgeordnete Ralph Weber. In der Vergangenheit forderte er einen Wandel in
der Erinnerungskultur, Kennzeichnungspflicht für HIV-Erkrankte und promovierte
Rechtsextreme. Seine Lehre ist dabei keineswegs politisch neutral, sondern seine
Anschauungen spiegeln sich in Beispielen, der Auswahl von Gäst*innen oder seiner Thor
Steinar Kleidung wider.
Wir begrüßen ausdrücklich, dass Nancy Faeser (SPD) im Frühjahr mit ihrem Aktionsplan
gegen Rechtsextremismus auch eine leichtere Entfernung von Verfassungsfeind*innen
aus dem öffentlichen Dienst auf die politische Agenda gerückt ist. An dem konkreten
Greifswalder Beispiel zeigt sich nur leider, dass hier nicht schnell genug gehandelt wird.
Rechtsextremismus stellt die größte Bedrohung für unsere demokratische Gesellschaft
dar – das stellt auch die rot-rote Landesregierung in ihrem Koalitionsvertrag fest. Wir
erwarten deshalb von der Landesregierung, endlich auch nach diesem Grundsatz zu
handeln und sich in der Causa Weber unmissverständlich hinter die Studierenden des
Landes zu stellen. Denn es ist der Studierendenschaft zu verdanken, die seit Oktober
2021 mit massivem Druck auf die Hochschulleitung und die Landespolitik eingewirkt hat,
dass es auch in diesem Semester wieder Parallelveranstaltungen zu den
examensrelevanten Kursen von Ralph Weber gibt.
Doch es kann nicht die Aufgabe der Studierenden sein, sich Lehrveranstaltungen bei
Professor*innen zu organisieren, die auf dem Boden der Verfassung stehen. Es ist ein
unhaltbarer Zustand, dass Studierende der Juristischen Fakultät Universität Greifswald,
die einzige Fakultät an der in MV Jurist*innen ausgebildet werden, in Zukunft wieder
Veranstaltungen bei einem Gegner der Verfassung und der freiheitlichen Grundordnung
besuchen müssen. Denn die Perspektive und Finanzierung der Parallelveranstaltungen ist
keineswegs geklärt. Hier muss die Landespolitik endlich unterstützend eingreifen und
ihrem Koalitionsvertrag nachkommen. Es müssen die finanziellen Mittel zur Verfügung
gestellt werden, um der Universität unter die Arme zu greifen. Und es müssen dierechtlichen Schritte eingeleitet werden, bspw. indem das Landesdisziplinarrecht geändert
wird. Was Nancy Faeser für den Bund fordert, erwarten wir von Manuela Schwesig auch in
MV! Kommen Sie ihren Verpflichtungen und ihren Koalitionsvertrag nach und befreien sie
die Studierenden in Greifswald aus diesem unhaltbaren Zustand.