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70 Jahre Menschenrechte – wo stehen wir heute?

By 13. April 2019Juli 23rd, 2021No Comments

Menschenrechte heute!

Ein Beitrag von Niklas Nienaß über die Menschenrechte in der heutigen Zeit

Die Vorstellung, wie wir sie von der Gesellschaft haben, die Idee, dass alle Menschen gleich sind und dass die Würde eines jeden Menschen unantastbar ist, scheint uns normal. Sie ist es keineswegs!

Eine Geschichte der Menschenrechte von heute

Bevor die Vorväter der Vereinigten Staaten in ihrer Unabhängigkeitserklärung 1776 feststellten, dass alle Menschen gleich seien, war das grundsätzliche Verständnis, dass die Menschen eben nicht mit gleicher Würde und gleichen Rechten geboren wurden. Allgemeine Ansicht war, dass es einen gottgewollten Unterschied in den Klassen der Menschen gab, mit Adligen an der Spitze und Sklaven ganz unten. Zeugnis darüber, wie lange dieses Verständnis herrschte gibt der Codex Hammurapi. Diese ist ein Regelwerk aus ca. 1700 vor Christus, in dem Straftaten auch danach bewertet wurden, gegen wen sie gerichtet waren und wer sie verübte. Je nach Stand der Täter und der Opfer fiel die Strafe höher oder geringer aus. Körperverletzung gegen Sklaven wurde mit ein paar Münzen abgegolten, die gleiche Tat gegen einen Mann höheren Stands wurde mit Silber aufgewogen. Und natürlich waren Frauen generell weniger wert als ihr männliches Pendant.Und auch im Jahr 1776 waren noch nicht alle Menschen gleich. Sklaverei und Diskreminierung herrschten weiter fort, auch nachdem in den USA die berüchtigten Worte „We hold these truths tob e self evident, that all men are created equal, that they are endowed by their Creator with certain unalienable rigths, that among these are life, liberty, and the persuit of happiness.“( Wir halten diese Wahrheiten für ausgemacht, daß alle Menschen gleich erschaffen worden, daß sie von ihrem Schöpfer mit gewissen unveräußerlichen Rechten begabt worden, worunter sind Leben, Freiheit und das Bestreben nach Glückseligkeit.) gefallen waren.In Europa herrschte der Adel und mit ihm das Verständnis, dass die Menschen ungleich an Rechten und Freiheit sind. Dass das Leben einiger weniger mehr wert sei, als das der großen Mehrheit. Für dieses Verständnis zogen die Europäer Jahrhunderte lang gegeneinander in den Krieg. Auf den Schlachtfeldern der Jahrhunderte schlugen und erschossen sich die Bauern und Soldaten nicht etwa um ihre vermeintliche Freiheit, sondern um die Legitimation und den vermeintlichen Ruhm ihrer Machthaber.

Und auch nach amerikanischer und französischer Revolution, nach Aufklärung und Humanismus, war eine gewisse Ungleichheit zwischen den Menschen in der Gesellschaft nicht nur anerkannt, sondern auch durch Gottes Willen zum unerschütterlichen Grundsatz erklärt, sei es durch Stand oder finanzielle Mittel. Es bestand nie die Notwendigkeit den Satz „all men are created equal“ konkreter zu fassen.

Faschismus – eine wahnsinnige Ideologie

Bis der nationale Faschismus das Gegenteil propagierte. Hitlers National-Sozialismus geht von der Grundannahme aus, dass die Menschen innerhalb eines Volkes zwar annähernd gleichberechtigt seien (Frauen selbstverständlich nicht), aber dass zwischen den Völkern ein natürliches Gefälle bestünde, mit einer Herrscherrasse an der Spitze und Untermenschen am Boden. Diese wahnsinnige Ideologie war einer der wichtigsten Grundpfeiler, um einen Staatsapparat aufzubauen, der Menschen nicht nur ungleich behandelt, sondern diese ihrer Würde beraubt, verfolgt und tötet. Der Horror der Holocaust hat die Welt zurecht in Entsetzen gestürzt. Nicht nur wegen der schieren Anzahl an Opfern. Auch wegen der Art und Weise wie Mütter, Brüder, Enkel, Cousins, Schwestern, Onkels, Väter, Omas, Tanten, Freunde, Kinder, geliebte Menschen zu Nummern gemacht wurden, zu Codes und Zahlen, zu Akten und Papierkram, eingelagert, statt gefangen, was der korrekte Begriff für menschliche Insassen wäre, zu einem Problem erklärt, zu einer Frage, die einer Lösung bedarf, eine Lösung, die möglichst effizient und konsequent arbeitete. Die Tötungsmaschine der Nazis war nur möglich, weil Juden, Ausländern und Andersdenkenden, weil sogenannten „Völksverrätern“ und „Brunnenvergiftern“, „Gutmenschen“ und der „Lügenpresse“ die Würde genommen wurde. Schritt für Schritt wurde den Feinden der Faschisten Rechte entrissen, das Recht auf Freiheit, das Recht auf Unschuldsvermutung, das Recht auf ein faires Verfahren, das Recht auf Familie, das Recht auf die Rechtspersönlichkeit und am Schluss ganz und gar das Recht auf Leben.

Nach dem Krieg stellte sich die Völkergemeinschaft zurecht die Frage, wie dies in Zukunft verhindert werden kann. Die Lösung war, das, was die Würde des Menschen ausmacht, in Worte zu fassen, zu kodifizieren. Heraus kam die allgemeine Erklärung der Menschenrechte, die heute vor 70 Jahren vorgestellt wurde. Die Menschenrechte stellen fest, dass jeder Mensch gleich ist, nicht in seinen Fähigkeiten, nicht in seinen Bedürfnissen, nicht in seinen Möglichkeiten. Aber in seiner Würde, in seinen von Geburt an gegebenen existenziellen Rechten. Die Idee dahinter ist vor allem, dass jeder Mensch, der diese Rechte hat, von keinem anderen als minderwertig, als lebensunwert angesehen werden kann. Damit nie wieder geschieht, was wir niemals vergessen dürfen.

70 Jahre Menschenrechte

Nach 70 Jahren nehmen wir die Menschenrechte als selbstverständlich wahr. Wir realisieren häufig nicht mehr, was dahintersteckt, wenn globale Führer die Menschenrechte angreifen, weil Folter gegen „bad guys“ ja wohl gerechtfertigt sein muss, weil Mörder nun mal den Tod verdient haben, weil Richter auch das Rechtsempfinden der Bevölkerung in Urteile mit einfließen lassen sollen, weil Sicherheit wichtiger als Freiheit sei, dann ist das immer ein kleiner Schritt weg von der Würde des Menschen und ein kleiner Schritt weg von der Gleichheit der Menschen. Ein kleiner Schritt wirkt nicht schlimm. Doch jede Reise fängt mit einem kleinen Schritt an. Und was sich zunächst wie die Effizienzsteigerung der Gesellschaft vorstellt, ist am Ende eine Reise in die Ungleichheit der Menschheit, in den Faschismus des 20. Jahrhunderts, in die Katastrophe der Kriege, in das Ende der Menschlichkeit.

Die Menschenrechte sind alt. Sie sind staubig und wirken wie ein Relikt aus vergangener Zeit. Sie sind aber ein Schutzschild gegen Nationalismus, gegen Hass, Zorn, Zerstörung, welchen uns unsere Vorväter und -mütter mit aus ihrem Kampf mitgegeben haben. Dieser Schild ist aber nur effektiv, wenn wir alle ihn gemeinsam hochhalten und damit uns und vor allem auch unsere Nächsten schützen. Lasst am internationalen Tag der Menschenrechte, auf Facebook, Instagram, Twitter, in der Presse, im Fernsehen und im direkten Gespräch immer wieder auf die Menschenrechte hinweisen und aktiv für sie eintreten. Verfasse jetzt einen Beitrag über ein Menschenrecht, dass dir besonders am Herzen liegt und ermutige andere, es dir gleich zu tun. Damit die Mächtigen dieser Welt wissen, dass wir gemeinsam unsere Schilde erheben, dass wir gemeinsam füreinander einstehen und dass wir nicht still dabei zusehen, wenn Menschen ihrer Würde beraubt werden, sondern zu recht für unser Recht einstehen!

 

Die Menschenrechte im Wortlaut: https://www.amnesty.de/alle-30-artikel-der-allgemeinen-erklaerung-der-menschenrechte

Quelle: https://www.niklas-nienass.eu/2018/12/10/70-jahre-menschenrechte-wo-stehen-wir-heute/

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